Stiftskirche Oberkaufungen

Architekt
Reith + Wehner, Fulda
Bauherren
Ev. Kirchengemeinde Oberkaufungen
Baujahr
11 Jhd
Bauzeit
2009 ‐ 2015
Leistungen
Tragwerksplanung HOAI (alt) § 64, LP 2 – 6,8
Planungsaufgabe und Objekt spezifische Umsetzung
Ergänzung der Schadensaufnahme
Holzschutztechnische Beratung
Tragwerksplanung
Fachbauleitung

Projektbeschreibung

Die heute als evangelische Gemeindekirche genutzte ehemalige Klosterkirche geht auf eine Stiftung der Kaiserin Kunigunde zurück, die selbst in das Kloster eintrat und 1053 dort starb. Die Stiftskirche ist seit dem Jahr 1532 der hessischen Ritterschaft übergeben und ist heute Teil des Ritterschaftlichen Areals mit Verwaltungs- und landwirtschaftlich genutzten Gebäuden.

Die Kirche gilt als bedeutendes Werk spätottonischer Kunst. Der im Inneren 1938 freigelegte Westbau mit Bogenarkaden stammt noch aus vorromanischer Zeit.

Im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts begann der Umbau zu einer gotischen Hallenkirche. Es folgten weitere Umbau-und Erweiterungs- phasen, die durch eine begleitende Bauforschung im Rahmen der Maßnahme neu differenziert, abgegrenzt und datiert werden konnten.

Das Bauwerk wird seit 2008 mit Mitteln der Landeskirche, des Landes Hessen und des Bundes instandgesetzt. Im Herbst 2015 waren mit dem 7.BA die statisch/konstruktiven Maßnahmen abgeschlossen.

Die Außenwände der Seitenschiffe sind stark geneigt und wurden durch Vernadelung und Injektion stabilisiert. Wegen der empfindlichen Bemalung auf der Innenseite ist die Maßnahme auf wenige Aussteifungspfeiler reduziert. Der Kalkmörtel für die Injektion ist aufgeschäumt und trägt weniger Wasser ins Mauerwerk ein.

 

Der Spitzsäulen-Dachstuhl über dem Mittelschiff hatte umfangreiche Schwamm-Schäden an den Dachfußpunkten. Vom Tragwerksplaner wurde zusammen mit dem Holzschutzsachverständigen im Büro HAZ ein differenziertes Programm für die Bekämpfung und die Reparatur mit minimierten Rückschnittslängen realisiert.

Die Hochhängung der Deckenbalken an die Spitzsäulenebene war in gotischer Bauweise ohne eiserne Zugbeschläge realisiert. Bei rechnerischem Ansatz der Tragfähigkeit von hist. Zapfen und Holznägeln mit Modellen aus der aktuellen Forschung wurden für die neu hinzukommenden Lasten filigrane Hinzufügungen geplant.

Einen umfangreichen Schwamm-Befall gab es auch unter dem konstruktiv problematische Ansatz der Seitenschiffdächer an das Mittelschiffdach. Die heute klimatisch dem Innenraum zuzurechnenden Unterzüge hatten bauzeitliche Bemalungen. Die geschädigten Tragglieder wurden statisch entlastet und thermisch behandelt.

 

Die Konstruktion des Turmhelmes hatte sich in der Vergangenheit als zu weich für die Windbeanspruchung erwiesen: die großen Platten der Sandstein Deckung waren gebrochen. In Modellstudien erwiesen sich zwei Maßnahmen als wirkungsvoll: die ohnehin zu erneuernde Traglattung wurde statisch als „steife Tüte“ konstruiert, die inneren Konstruktion wurde mit einer Auskreuzung stabilisiert.

Über der Vierung waren erhebliche Verformungen in der Decke vorhanden. Frühere Generationen haben durch Einbau eines Überliegers versucht die Standsicherheit zu verbessern und die Verformungszunahmen auszuschließen, ohne Erfolg.

Unsere Planung verbindet die vorhandenen Bauelemente Unterzug und Überlieger durch den reversiblen Einbau von Zugstreben (blau markiert) zu einem Fachwerkträger. Standsicherheit und Steifigkeit konnten so mit geringem Aufwand erheblich verbessert werden, so dass der Einbau einer dämmenden Leichtlehmschicht problemlos möglich war.